Ich, Wendepunkt (German Edition) by Adamek Jakob

Ich, Wendepunkt (German Edition) by Adamek Jakob

Autor:Adamek, Jakob [Adamek, Jakob]
Die sprache: deu
Format: epub, azw3, mobi
veröffentlicht: 2014-03-10T23:00:00+00:00


Und die schlug mächtig ein. In der Nacht nach der ersten Spritze träumte ich von einem Hasen, der mit seiner Schnauze in meinen Anus drängte. Die Nacht darauf von einer höllischen Sex-Orgie mit drallen Weibern, die mir fürchterliche Schmerzen in mein Geschlecht trieben. In der dritten Nacht hetzte mich ein knurrendes Rudel Wölfe durch den dickichten Wald, ich wachte in dem Moment auf, als sie mich zu fassen bekamen.

Die folgenden Wochen stand ich buchstäblich neben mir. Aus meinem Körper quollen feinstoffliche Formen, die mich verwirrten. Die Nebenwirkungen führten dazu, dass meine Körperhaltung krumm und schief wurde. Ich konnte kaum noch gerade gehen.

Das Schlimmste war allerdings, dass ich in eine totale Hoffnungslosigkeit verfiel und resignierte. Vor Selbstmord schreckte ich aus Rücksicht auf meine Familie und wegen meiner plötzlich aufgetauchten Höllenangst zurück. Ich war zum schwarzen Schaf, zum amtlichen Versager der Familie geworden.

Nach dem drei Monate in der Flachsheide vorübergegangen waren, entließen mich die Ärzte in die psychiatrische Tagesklinik am „Betheleck“. Dort wurde schnell von Fluanxol auf Zyprexa umgestellt, was zwar meinen Gemütszustand und die Körperhaltung etwas verbesserte, jedoch zu einer mittleren Gewichtszunahme führt. „Pummel-Ich“. An meiner Resignation und Verzweiflung änderte sich nichts. Die Tage gingen mit Ergotherapie, Zigaretten und Kaffee im Aufenthaltsraum der Klinik vorüber. Neun Monate. Natürlich gab es nette Mitpatienten und Mitarbeiter, die um mein Wohlergehen besorgt waren. Meine Hoffnungslosigkeit blieb. Auch in der darauffolgenden Zeit in der Werkstatt für Behinderte, der „Spielkiste“. Ich wohnte immer noch bei meinen Eltern und führte ein Leben auf dem Abstellgleis. Minussymptomatik. Von dieser spricht man, wenn jemand unter Antriebsarmut und sonstigen, eher als depressiv zu bezeichnenden Beeinträchtigungen leidet. Nichts bewegte sich. Ich hatte das Gefühl, in meinem Rückenmark wäre alles fest geworden wie aufeinander geklebte Legosteine, in einer Anordnung, bei der die ganzen Reizleiter auf dem Kopf stünden, falsch herum, entgegen der gesunden Laufrichtung. Außerdem die permanente Wahrnehmung, dass irgendwelche feinstofflichen Bereiche meiner Seele bzw. meines Körpers große Ausstülpungen in der Gegend der Körpermitte, so um die Bauchnabelhöhe herum bildeten, was äußert unangenehm und irritierend war.

In dieser Verfassung hatte ich mich abgeschrieben und wusste nicht, worauf ich warten sollte, denn der Tod hätte mir in meiner Vorstellung keinen Frieden gebracht, als der zwangsläufige Anwärter auf ein heißes Plätzchen in der Hölle, Aspirant des Orkus, der ich zu sein glaubte. Ich war in der Zeit meiner Resignation zu der Überzeugung gelangt, dass die von mir empfundene Sündhaftigkeit genetisch vererbt sei, eine Art Familienerbsünde, wegen der ich nicht in der glücklichen Lage gewesen sei, Vergebung zu erlangen. Eine vererbte Verworfenheit der Seele. Ich war ein Höllenkandidat, und nicht einmal Gott selbst, so war meine feste Überzeugung, hatte die Macht, mir dieses Schicksal zu ersparen. Ich meinte, an einem Erbfehler zu leiden, ausgelöst durch zufällige Genmutation, ganz im Sinne der Evolutionstheorie Darwins. In Kombination mit meinen religiös-wahnhaften Ideen wurde daraus eine Art genetischer Familienfluch, der uns zur ewigen Verdammnis bestimmt habe. Einerseits überzeugt davon, der einzige zu sein, der das so wahrnehmen konnte, konnten mir andererseits meine katastrophale Erfahrung bei meinem ersten Mal und meine späteren ‚sündhafte’ Bordellbesuche wegen der genetischen Verworfenheit nicht vergeben werden.



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